Die Wirtschaftsmacht von nebenan zeigt ihre Vielfalt

Kreishandwerkerschaft sieht deutlichen Imagewandel der Handwerksberufe

Kreis Steinfurt/Kreis Warendorf. Der 21. September steht bundesweit im Zeichen des Handwerks. Auch viele Unternehmen aus dem Kreis Steinfurt/Kreis Warendorf beteiligen sich mit besonderen Aktionen an dem „Tag des Handwerks“, der zum dritten Mal organisiert wird. Im Interview erklären Frank Tischner, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf, und Kreishandwerksmeisterin Erika Wahlbrink, was es mit dem Tag auf sich hat und wie es um das Handwerk im Kreis Steinfurt/Kreis Warendorf bestellt ist.   Ein Slogan der aktuellen Kampagne des Deutschen Handwerks lautet „Die Wirtschaftsmacht von nebenan. In welchen Zahlen drückt sich das im Kreis Steinfurt/Kreis Warendorf aus?   Tischner: Am 31. Dezember 2012 zählte der Kreis Steinfurt/Kreis Warendorf insgesamt 4.849/3.174 Betriebe mit Eintragung in die Handwerksrolle. Sie beschäftigen insgesamt 32.081/21.380 Frauen und Männer und setzen gut 3,5/2,4 Milliarden Euro im Jahr um. Das ist eine echte wirtschaftliche Größe und zeigt die Bedeutung der „Wirtschaftsmacht von nebenan“.   Wozu braucht es den Tag des Handwerks überhaupt?   Wahlbrink: Die Menschen nehmen Leistungen des Handwerks ganz selbstverständlich rund um die Uhr in Anspruch, ohne, dass sie sich dessen überhaupt bewusst sind. Fünf Millionen Handwerker in mehr als einer Million Handwerksbetriebe sorgen Tag für Tag in Deutschland dafür, dass es an nichts mangelt. Wir wollen mit dem Tag des Handwerks das Bewusstsein in der Gesellschaft schüren, dass wir da sind. Und wir wollen junge Menschen begeistern, selbst Handwerker zu werden.   Tischner: Unsere Handwerker vollbringen mit ihrer Arbeit an 365 Tagen im Jahr Höchstleistungen zum Wohle der Bevölkerung. Das ist für uns ein Grund zum Feiern.   Vor welchen Herausforderungen steht die hiesige Handwerkerschaft aktuell?   Tischner: Das Thema schlechthin heißt: Fachkräfte. Es ist eine der entscheidenden Aufgaben der Zeit, Fachkräfte zu finden – und sie durch Aus- und Weiterbildung dauerhaft an die Unternehmen zu binden. Ein Ziel ist die Stärkung der dualen Ausbildung mit der Kombination aus Studium und Berufsausbildung. Andere Herausforderungen sind die neuen Technologien: immer auf dem neuesten Stand der Technik zu sein und diese dem Kunden anzubieten. Angesichts der Globalisierung und des Wandels zur Informationsgesellschaft – alles wird immer schneller, immer multipler – müssen unsere Betriebe mithalten können.   Wahlbrink: Eine weitere Herausforderung ist, dass wir zeitnah präsent sein müssen in zeitgemäßen Medien. Wir als Kreishandwerkerschaft müssen die Gewerke noch präsenter machen, damit die Menschen uns sehen und regelrecht fühlen können.   Stichwort Nachwuchs: Warum interessieren sich Ihrer Meinung nach zu wenig Jugendliche für einen Berufseinstieg im Handwerk?   Tischner: Weil bei vielen, vor allem auch den Eltern, lange Zeit die Vorstellung anhielt, dass die „Weiße-Kragen-Berufe“ als etwas ganz Tolles galten. Wir stellen inzwischen aber durchaus ein Umdenken fest. Aktuelle Marktforschungen zeigen, dass das Image des Handwerks sich wandelt. Zu Recht, denn das Handwerk bietet nicht nur tolle Karrierechancen und  Sicherheit, sondern auch eine echte Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Familienfreundlichkeit ist bei uns kein Zertifikat, das an der Wand hängt, sondern gelebte Praxis.   Wie versuchen Sie als Kreishandwerkerschaft, dem Fachkräftemangel zu begegnen?   Wahlbrink: Mit den vielen, vielen Praktikumsmöglichkeiten in den Handwerksberufen geben wir jungen Menschen die einmalige Chance herauszufinden, was sie wirklich möchten. Bei uns können sie sich ausprobieren und lernen: Was passt wirklich zu mir?   Tischner: Dabei fangen wir ganz früh an. Zum Beispiel haben wir dieses Jahr 300 großformatige Kinderbücher an die Kindertageseinrichtungen in den Kreisen Warendorf und Steinfurt verteilt, in denen Kinder die unterschiedlichsten Gewerke kennenlernen. Wir laden erstmalig Grundschüler zum Schnuppern in unsere Werkstätten ein. Als KH sind wir vertreten auf unzähligen Berufsorientierungsmessen und Schulveranstaltungen. Wir widmen uns selbstverständlich auch den Abiturienten, um ihnen die vielfältigen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Handwerk vorzustellen.   Was können die Betriebe selbst dazu beitragen?   Tischner: Sie können ihre Mitarbeiter enger einbinden in die Arbeitsabläufe und sie teilhaben lassen an Firmenentscheidungen. Die Unternehmer könnten viele Faktoren zur Mitarbeitermotivation anbieten: zum Beispiel besondere Lehrgänge oder Austausch-Angebote für Auszubildende oder die Möglichkeit zum dualen Studium, also Studium und Beruf, als besondere Karrierechance. Diese Art der Wertschätzung der Mitarbeiter zählt bei den Arbeitnehmern oft mehr noch als das Geld.   Wahlbrink: Und sie sollten den Tag des Handwerks feiern und die vielen Werbemittel nutzen, die das Deutsche Handwerk dazu bereitstellt. Betriebe sollten über das Jahr Tage der offenen Tür machen, sich an Stadtfesten beteiligen, sich auf Messen präsentieren – und einfach zeigen: Wir sind da.

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Am CNC-Computer zeigen Kreishandwerksmeisterin Erika Wahlbrink und Frank Tischner, Hauptgeschäftsführer der KH Steinfurt-Warendorf, dass Handwerk sehr viel mehr zu bieten hat als einfache Werkzeuge. Handwerk bedeutet heute auch den Einsatz modernster Technologien.