Erfolgsfaktor Mensch

Noch ganz entspannt stellt sich die Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt dar. Der Kreis Steinfurt ist der einzige Münsterland-Kreis der in 2012 eine positive Bilanz bei dem Abschluss neuer Berufsausbildungsverträge im Handwerk aufweisen konnte. Im Kreis Warendorf konnte die Kreishandwerkerschaft 2012 immerhin noch eine ausgeglichene Bilanz bei dem Abschluss neuer Berufsausbildungsverträge verzeichnen. Erfreulicherweise bleibt auch die Ausbildungsbereitschaft der Handwerksbetriebe hoch. Nach einer Umfrage der Kreishandwerkerschaft bei ihren Mitgliedsunternehmen wollen 87 % der befragten Betriebe wieder Ausbildungsplätze anbieten. Die Besetzung von Ausbildungsplätzen war bei den Betrieben - zumindest in 2012 - noch kein besonders großes Problem.

Schwierigkeiten, Berufsnachwuchs zu finden, haben die Nahrungsmittelhandwerke und die Handwerke des gewerblichen Bedarfs, hier insbesondere die Metall-Berufe und das Sanitär-Heizung-Klima (SHK)-Handwerk. Nicht erstaunlich ist hingegen, dass dies für das Kfz-Gewerbe kein Thema ist. Schließlich ist der Ausbildungsberuf Kfz-Mechatroniker immer noch Platz 1 bei den Top-Ten-Wunschberufen der männlichen Lehrstellenbewerber in den Kreisen Steinfurt und Warendorf. Auf Dauer, da sind sich die Fachleute von der Kreishandwerkerschaft einig, wird sich die Situation im Handwerk hinsichtlich der Versorgung mit Nachwuchs- und Fachkräften verschärfen, denn in diesem Fall ist für die Unternehmen der – demographische – Trend nicht ihr „friend“.

Selbst der Doppel-Abi-Jahrgang bringt derzeit für die Ausbildungsbetriebe anscheinend kaum einen Gewinn an Auszubildenden. Doch Frank Tischner möchte hier den Drang an die Uni stoppen. „Es gibt im Handwerk Karrierealternativen, die wir – auch mit Unterstützung der Politik – den Abiturienten aufzeigen. Das Duale Studium in Kombination mit der betrieblichen Ausbildung und die Handwerkslehre mit anschließender Meisterprüfung sind gleichwertige Möglichkeiten zu dem akademischen Weg. Schließlich wurde die Meisterprüfung durch den Deutschen Qualifikationsrahmen mit dem Abschluss eines Bachelor-Studienganges gleichgestellt.“ Der KH-Hauptgeschäftsführer fordert ein Umdenken bei der Gewichtung akademischer und betrieblicher Ausbildungswege. „Es ist bedauerlich“, so Frank Tischner, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf, dass anscheinend die duale Berufsausbildung im Ausland immer mehr an Wertschätzung gewinnt, hier aber immer noch nicht als attraktive Alternative zu Schule und Studium gesehen wird.

Zusammen mit den Handwerksinnungen möchte die Kreishandwerkerschaft die berufliche Ausbildung wieder mehr in den Fokus der Jugendlichen rücken. Berufsorientierungsangebote an Schüler im Rahmen der Landesinitiative STARTKLAR! in den BildungsCentern der Kreishandwerkerschaft sind dabei nach Einschätzung von Geschäftsführer Günter Schrade, zuständig für Bereich der beruflichen Bildung, ein probates Mittel. „Die im dualen Berufsausbildungssystem qualifizierten Mitarbeiter sind der Erfolgsfaktor für die heimische Wirtschaft, denn Marktnähe und Flexibilität in der betrieblichen Qualifikation geben den Unternehmen die notwendige Robustheit, gegen die Herausforderungen der globalen Wirtschaft zu bestehen“, ergänzt Hauptgeschäftsführer Frank Tischner, für den die duale Berufsausbildung eine Win-Win-Situation darstellt. Denn nicht nur die Unternehmen profitieren davon, sondern vor allem auch die jungen Menschen, die ihren Weg in das Berufs- und Arbeitsleben suchen. Und die Statistik gibt ihm recht: In Deutschland haben Jugendliche weitaus weniger Probleme auf dem Arbeitsmarkt als anderswo in Europa. Im Kreis Steinfurt lag die im März festgestellte Arbeitslosenquote der 15 bis unter 25jährigen bei 5,3 %, im Kreis Warendorf bei 5,9 %; in Spanien, Griechenland, Irland oder Ungarn ist die Quote bis zu acht Mal höher. Einen maßgeblichen Anteil an der günstigen Situation der Jugendlichen in Deutschland hat dabei die duale Berufsbildung, die durch die Verzahnung von beruflicher Praxis und theoretischer Fundierung in der Berufsschule eine ebenso qualitativ hochstehende wie auch bedarfsgerechte Ausbildung von Fachkräften garantiert.

Das Handwerk setzt dabei auf die Jugend – aber nicht nur. Der zukünftige Fachkräftebedarf wird man nicht allein durch Ausbildung abdecken können. „Die berufliche Qualifizierung und Weiterbildung der Beschäftigten wird für die Unternehmen zu einem unbedingten Erfordernis ebenso wie für diejenigen, die eine berufliche Perspektive suchen.“ Damit weist Günter Schrade auf die zunehmende Bedeutung der Mitarbeiterförderung hin, denn neben dem Mangel an neuem Knowhow durch das Fehlen des Berufsnachwuchses müssen die Mitarbeiter in den Betrieben auch aufgrund der längeren Lebensarbeitszeit ständig in ihrem Beruf fit gehalten werden. Die Kreishandwerkerschaft stellt sich auf diese Aufgabe ein und bietet Beschäftigten wie auch Unternehmen eine Bildungsberatung an, die auch die Fördermöglichkeiten des Bildungsschecks NRW und die Bildungsprämie umfasst, sowie eine breite Palette von Weiterbildungsmöglichkeiten. Auch auf die Frauen, im Handwerk derzeit noch deutlich unterrepräsentiert, richtet sich zukünftig verstärkt der Fokus, wenn es um die Frage der Fachkräftesicherung geht. Die Bandbreite erstreckt sich dabei von der Vergrößerung des Anteils weiblicher Auszubildender, der vor allem bei den gewerblich-technischen Berufen noch deutlich zu gering ist, über die Einbindung qualifizierter weiblicher Fachkräfte wäh-rend und nach der Familienphase bis hin zur Förderung von Existenzgründungen. „Bundesweit erfolgt bereits jetzt jede vierte Gründung im Handwerk von einer Frau, jede fünfte Meisterprüfung im deutschen Handwerk wird von einer Frau abgelegt. Das Handwerk wird also weiblicher“, stellt Hauptgeschäftsführer Frank Tischner mit Freude fest – eine ermutigende Bilanz für den nächsten Girls‘ Day am 25. April, an dem sich die Kreishandwerkerschaft mit den BildungsCentern in Rheine und Warendorf ebenfalls beteiligt.

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