Eine große und noch lang andauernde Herausforderung ist die Integration der vielen Flüchtlinge in die deutsche Gesellschaft, aber es kann auch eine sehr lohnende sein. Die überwiegend jüngeren und zumeist sehr motivierten Flüchtlinge können zur Lösung des Fachkräftemangels und zur Aufrechterhaltung der sozialen Sicherungssysteme beitragen. Aber welche Beschäftigungsmöglichkeiten gibt es für Flüchtlinge auf dem deutschen Arbeitsmarkt und was müssen Unternehmen beachten, wenn sie einen Zuwanderer einstellen möchten? Diese Fragen standen im Mittelpunkt von Informationsveranstaltungen, zu denen die Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf (KH) Betriebsinhaber und Selbstständige nach Rheine und Beckum eingeladen hatte. Das große Interesse bei beiden Veranstaltungen war für KH-Hauptgeschäftsführer Frank Tischner ein deutliches Zeichen dafür, dass die Unternehmen das Thema für die eigene Personalplanung angenommen haben.
Als Referenten hatte die KH Oliver Klöpper ,,Leiter des Sachgebiets „Zuwanderung, Aufenthalt, Integration“ im Ordnungsamt des Kreises Steinfurt, und Joachim Fahnemann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Ahlen-Münster, eingeladen. Sie gaben den Zuhörern neben juristischen Hintergründen ganz praktische Tipps zum Umgang mit dem Thema an die Hand.
Entscheidend für den Arbeitsmarktzugang eines Flüchtlings ist der Aufenthaltsstatus. So erhalten Asylbewerber, die einen Asylantrag gestellt haben und in einem laufenden Verfahren sind, eine sogenannte Aufenthaltsgestattung. Sie dürfen nur nach einer Wartefrist von drei Monaten und einer sogenannten Vorrangprüfung beschäftigt werden. Das heißt, der Unternehmer muss nachweisen, dass er die Stelle mit keinem inländischen Bewerber besetzen kann. Gleiches gilt für geduldete Personen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die aber zumeist aus humanitären Gründen befristet in Deutschland bleiben können. In beiden Fällen müssen Betriebsinhaber auf jeden Fall die Ausländerbehörde beteiligen. Entsprechende Antragsformulare gibt es in den Bürgerbüros der Einwohnermeldeämter. Auch die Arbeitsagentur muss eingeschaltet werden. Überhaupt empfahl der Chef der Arbeitsagentur Ahlen-Münster den Unternehmen dringend, sich vom Arbeitgeber-Service der Arbeitsagentur beraten zu lassen, um nicht über die rechtlichen Fallstricke zu stolpern, die selbst bei einem Praktikum schon ausgelegt sein können.
„Es können Probleme auf Sie zukommen“, warnte auch Oliver Klöpper die Arbeitgeber. So sei die Sprachbarriere nicht zu unterschätzen. Denn Asylbewerber und Geduldete hatten bislang keinen Zugang zu geförderten Sprach- und Integrationskursen. Im Zusammenhang mit dem von der Bundesregierung neu verabschiedeten Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes wurde nunmehr jedoch auch diesem Personenkreis die Möglichkeit eröffnet, an Förderkursen zertifizierter Sprachkursträger teilzunehmen. Joachim Fahnemann betonte, dass Projekte im Kreis Warendorf wie „Early Intervention“ neben dem bekannten Leistungsspektrum zusätzliche Angebote der Arbeitsagentur sind. Man wolle die ersten drei Monate, in denen die Flüchtlinge keine Arbeit aufnehmen können, für Beratung, Sprachkurse und Erst-Qualifizierung nutzen. Wie bereits im Kreis Steinfurt praktiziert, wird die Kreishandwerkerschaft auch im Kreis Warendorf voraussichtlich Anfang Februar 2016 in einem Pilotprojekt jungen Flüchtlingen, deren Asylverfahren eine positive Prognose hat, in ihren Bildungscentern die Möglichkeit der praktischen Erprobung geben. „Das Ziel wird sein, entsprechend der Talente und Neigungen die Flüchtlinge zu qualifizieren und wenn möglich sogar auszubilden, denn wir möchten eine nachhaltige Integration erreichen“, so KH-Hauptgeschäftsführer Frank Tischner.
Für ihn und den Referenten steht auch mit den vorgestellten Projekten, Förderungen und Beratungsangeboten fest: „Das Engagement der Arbeitgeber bei der Beschäftigung und Ausbildung der Flüchtlinge wird benötigt. Dabei wird die Integration von Menschen unterschiedlichster Herkunft, Kultur, Sprachen und auch Bildungsvoraussetzungen kein Sprint. Wir müssen zunächst in viele Menschen investieren aber das lohnt sich!“ Zum Schluss verwies der KH-Hauptgeschäftsführer darauf, dass im Handwerk nicht erst seit der aktuellen Flüchtlingskrise die Devise gilt: „Bei uns zählt nicht, wo man herkommt, sondern wo man hinwill."
Weitere Informationen:
Broschüre der Bundesagentur für Arbeit: <link file:4909 download>Potenziale nutzen - geflüchtete Menschen beschäftigen
Info-Seite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales: <link http: www.bmas.de de schwerpunkte neustart-in-deutschland extern seite>Neustart in Deutschland