Zwischen Kirche und Handwerk bestehen große Schnittmengen im Bereich der gesellschaftlichen Verantwortung, im nationalen ebenso wie im internationalen Bereich – darüber sind sich beide Seiten einig. Zumindest Weihbischof Dr. Stefan Zekorn und Frank Tischner, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf (KH), die bereits bei einer gemeinsamen Podiumsdiskussion zum Thema Globalisierung schnell auf einen Nenner kamen. Jetzt trafen sich beide erneut zum intensiveren Austausch am Domplatz in Münster.
Ziel war, herauszufinden, ob und wo es gegebenenfalls gegenseitige Unterstützung oder Ergänzung geben kann. „Man muss voneinander und vom Engagement des jeweils anderen wissen", machten beide deutlich.
Internationale Berufsbildungsarbeit
Für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterhält die KH aktuell zwei Berufsbildungspartnerschaften in Afrika. Als Vertreter des regionalen, selbstständigen Handwerks engagiert sich die KH in Südafrika und Mosambik, um vor Ort die Situation für die Menschen zu verbessern – insbesondere die Berufsbildungschancen. In Jordanien wirbt die Kreishandwerkerschaft gemeinsam mit der Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) für die beschäftigungsorientierte Qualifizierung im Handwerk und hat vor Ort eine große Imagekampagne für das jordanische Handwerk initiiert.
„Wir sind eine von nur zwei Kreishandwerkerschaften in Deutschland, die sich international in der Berufsbildungsarbeit engagieren. Für uns ist es ein kleiner, aber selbstverständlicher Beitrag zur wichtigen Hilfe zur Selbsthilfe, denn wir übernehmen Verantwortung“, erläutert Frank Tischner im Rahmen des Gesprächs mit dem Weihbischof.
Auch Weihbischof Dr. Stefan Zekorn setzt auf globale gesellschaftlichen Verantwortung, ohne diese „von oben herab“ umzusetzen: „Die Hilfe zur Selbsthilfe, um vor Ort nicht vorhandene Strukturen aufzubauen und bereits Vorhandenes weiter auszubauen, ist eminent wichtig, um Sicherheit für die Zukunft zu geben. So wie die Kreishandwerkerschaft mit ihren Projekten die Menschen vor Ort fördert – besser geht es nicht“, ist der Weihbischof beeindruckt von den bisherigen Erfolgen der internationalen KH-Projekte.
Auch das Bistum Münster engagiert sich direkt und über die kirchlichen Hilfswerke missio, misereor, Adveniat und rebovabis in unterschiedlichen Regionen der Welt, um Menschen zu unterstützen und zu helfen. So gibt es bereits seit langer Zeit eine Diözesanpartnerschaft zwischen dem Bistum Münster und Bistümern in Ghana sowie Mexiko.
Mit dem Ziel, sich insbesondere international für eine Verbesserung der Lebensumstände, den Zugang zu Bildung sowie für ein nachhaltigeres und verantwortungsvolleres Umweltbewusstsein in anderen Ländern einzusetzen, ist die KH im Ausland aktiv. Das sieht auch Zekorn so und berichtet von dem Programm der Freiwilligen Dienste im Ausland, in dessen Rahmen jährlich junge Menschen ins Ausland reisen, um dort zum Beispiel in Schulprojekten mitzuarbeiten.
„Es braucht Zeit, aber ich bin überzeugt, dass es der richtige Ansatz ist, den wir verfolgen, um die Wertschöpfung im jeweiligen Land zu lassen“, so Tischner und berichtet nicht ohne Stolz, dass sich die deutsche Bezeichnung „Kreishandwerkerschaft“ bei Projektbeteiligten etabliert habe und viele das komplizierte deutsche Wort inzwischen aussprechen können.
Kooperative Globalisierung
Schon 2017 warnt Papst Franziskus vor einer "Globalisierung der Gleichgültigkeit" und plädiert für eine „kooperative Globalisierung" mit einer breiten Beteiligung, um gemeinsam mit staatlichen Institutionen, der Wirtschaft und Vertretern der Zivilgesellschaft die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene im Sinne der UN-Agenda 2030 zu erreichen.
Nach Weihbischof Dr. Zekorn und Tischner kann diese globale Verantwortung jedoch nur dezentral vor Ort wahrgenommen werden. „Wir sehen, dass die Menschen in den Zielländern durchaus bereit sind Verantwortung zu übernehmen, wir müssen sie nur in die Lage versetzen und an den Rahmenbedingungen mitwirken“, so Weihbischof Dr. Stefan Zekorn. Es bringe beispielsweise nichts, eine handwerkliche Ausbildung in Deutschland anzubieten, wenn vor Ort die Gegebenheiten und Ressourcen völlig andere seien und mit dem Erlernten im Heimatland gar nicht gearbeitet werden könne. Deshalb brauche es im Sinne der globalen Verantwortung viele engagierte Menschen als Meinungsbildner, hauptamtlich ebenso wie im Ehrenamt und in Deutschland ebenso wie in der ganzen Welt.
Dafür wollen beide Seiten im Sinne der Solidargemeinschaft künftig eng im Austausch bleiben – auch, wenn es im ersten Schritt vielleicht nur die Vermittlung von wertvollen Kontakten auf kurzem Wege ist.
„Wir haben sehr viel positive Erfahrung mit unseren interkulturellen Trainings und unterstützen die Kreishandwerkerschaft künftig gerne, um bereits im Vorfeld zu überlegen, wie die interkulturelle Kommunikation in einem neuen Projekt im Ausland gelingen kann“, bietet der Weihbischof spontan an. Und Tischner nimmt dankend an, denn es lägen schon weitere Anfragen von Ländern vor, in denen sich die KH künftig ebenfalls engagieren möchte.