Viele Auszubildende haben jetzt ihre Gesellen- und Abschlussprüfungen erfolgreich abgelegt und starten ihre berufliche Karriere im Handwerk, und für ebenso viele Jugendliche steht mit dem Beginn der Lehre am 1. August eine wichtige Zäsur bevor. Die CDU-Landtagsabgeordnete Astrid Birkhahn hat die Zeit genutzt, um mit dem für den Bereich der beruflichen Bildung zuständigen Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf, Günter Schrade, Informationen, Meinungen und Erfahrungen zum Thema „Übergang Schule und Beruf“ auszutauschen.
Dass die Berufsausbildung im dualen Bildungssystem nicht nur beibehalten, sondern auch gestärkt werden muss, darin sind sich Politik und Handwerk einig. Die Nachfrage der Landtagsabgeordneten, wie man die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe stärken kann, beantwortete Günter Schrade mit der Forderung nach mehr Wertschätzung für die betriebliche Ausbildung, die auch für die Jugendlichen erfahrbar sein müsse. Die Betriebe seien, so der KH-Geschäftsführer, bereit auszubilden, allein es mangelt oftmals an ausreichend Bewerbern. Den jungen Menschen werde zum Beispiel durch verschiedene Vorabendserien eine Cappuccino trinkende Lounge-Arbeitswelt vorgegaukelt, die nur wenig mit der Realität zu tun habe. Schule oder Studium erscheine für viele der bequemere Weg in den Beruf. Der Weg hin zu ausschließlich höheren Bildungsabschlüssen und eine weitere Steigerung der Studienquote sieht auch Astrid Birkhahn als falsch an. „Wenn man gegenüber dem Ausland stolz auf das Erfolgsmodell der dualen Berufsausbildung verweist und es sogar exportieren möchte, dann sollte man es auch in unserem Land mehr fördern“, meint sie.
Die Landespolitikerin, die unter anderem auch Mitglied des Landtagsausschusses für Schule und Weiterbildung ist, beschäftigt aber nicht nur der Trend zur Uni, sondern im gleichen Maße die jungen Menschen mit besonderem Förderbedarf und deren Chance für den Eintritt in Ausbildung und Arbeitsleben. Das Ziel von Inklusion, mehr Teilhabe zu bewirken, werde unterstützt, so Astrid Birkhahn. Aber trotz allem müsse es bei der Möglichkeit bleiben, Förderangebote zu unterbreiten. Ihre Zweifel, dass man einen Förderschüler über die Regelschule besser in eine Ausbildung bringen kann, teilt sie mit dem KH-Vertreter.
Auch das in Nordrhein-Westfalen neu eingeführte Übergangssystem von Schule in Beruf, dessen Name auch Programm ist, nämlich „Kein Abschluss ohne Anschluss“ sehen Astrid Birkhahn und Günter Schrade mit einer gewissen Kritik. „Gut gedacht, schlecht umgesetzt“, meint der Praktiker von der Kreishandwerkerschaft, denn kaum gestartet, musste wegen europaweiter Ausschreibungen schon wieder zurück gerudert werden. „Hier sollte man sich mehr an den regionalen Bedürfnissen orientieren und die Erfahrung bislang schon erfolgreich arbeitender Netzwerke vor Ort nutzen“, stimmt ihm die Landtagsabgeordnete zu. Dass man die Betriebe mit den geplanten Berufsfelderkundungen stärker mit einbezieht, sei aus Sicht des Handwerks zu begrüßen, so Günter Schrade. Allerdings stelle dies gerade kleinere Betriebe vor erhebliche organisatorische und personelle Hürden bei der Umsetzung. Zudem findet Birkhahn, dass die kurzen Berufsfelderkundungen von drei Tagen nicht die Langzeitbeobachtung durch die bisherigen mehrwöchigen Schulpraktika ersetzen können.
Und welchen Wunsch hat das Handwerk an die Landespolitik? Dies die abschließende Frage Astrid Birkhahns an den Gastgeber. Die Antwort fällt KH-Geschäftsführer Günter Schrade leicht: „Die Ausbildungsbetriebe im Handwerk wünschen sich die Sicherung des ortsnahen Berufsschulangebotes, aber auch eine bessere Abstimmung der schulischen Angebote mit Angeboten der Wirtschaft.“ Angesichts der demographischen Entwicklung im ländlichen Raum ist dies kein leicht zu erfüllender Wunsch, das wissen Astrid Birkhahn und Günter Schrade sehr wohl. Aber genauso ist ihnen bewusst, dass die wirtschaftliche Weiterentwicklung des Kreises Warendorf nur durch das Handwerk und die mittelständische Wirtschaft mit ihren gut ausgebildeten Fachkräften gewährleistet werden kann.