Mit Handwerksausbildung Botschafter in der ganzen Welt

„Tatendrang – Welcome!“ heißtes auf Plakaten in der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf. Das Motto aus der aktuellen Imagekampagne des Handwerks richtet sich an Flüchtlinge bei der Kreishandwerkerschaft aber auch an all die Menschen im Ausland, die im und vom deutschen dualen Berufsbildungssystem lernen wollen.

„Die Akzeptanz und das Interesse der Handwerksunternehmen in unserer Region an der Beschäftigung und Ausbildung von Flüchtlingen ist groß. Diese zeigte nicht nur die im November letzten Jahres in der Kreishandwerkerschaft in Rheine und Beckum durchgeführten Informationsveranstaltungen, sondern auch eine Anfang dieses Jahres durchgeführte Umfrage, wonach über 80 % der teilnehmenden Betriebe die Beschäftigung von Flüchtlingen in ihrem Unternehmen in Betracht ziehen, 73 % erwägen sogar die Ausbildung“, berichtet Frank Tischner, Hauptgeschäftsführer der der Kreishandwerkerschaft (KH) Steinfurt-Warendorf. Er begrüßt das Engagement der Handwerksunternehmer, warnt aber auch vor allzu großer Euphorie. Trotz der in vielen Fällen bewiesenen Integrationskraft der handwerklichen Werkstatt- und Wertegemeinschaft wird die Beschäftigung und Ausbildung von Flüchtlingen nach seiner Einschätzung keine kurzfristig zu lösende Aufgabe sein. Rechtliche, bürokratische und gleichermaßen sprachliche und kulturelle Hürden müssen überwunden werden.

„Für die Unternehmen muss es aber nicht von Nachteil sein zu warten“, ergänzt der für den Bildungsbereich in der KH zuständige Geschäftsführer Günter Schrade. In den BildungsCentern der Kreishandwerkerschaft erhalten derzeit Asylbewerber mit einer hohen Bleibeerwartung eine erste berufliche Orientierung, während sie gleichzeitig deutsche Sprachkenntnisse erwerben. Damit soll die Wartezeit auf eine Arbeitserlaubnis sinnvoll genutzt werden.

„Es sind nicht nur die deutsche Sprache und, worüber kein Mensch spricht, insbesondere die Mathematik, sondern auch eine komplett andere Art von Berufsbildern, die die Flüchtlinge erlernen und kennen lernen sollen. Auch hiesige Selbstverständlichkeiten wie verbindliche Arbeitszeiten oder die Meldung, wenn man krank ist oder einen für das Asylverfahren notwendigen Behördengang zu erledigen hat, müssen erst einmal vermittelt werden, da diese Regeln für die Tätigkeit in der Wirtschaft einfach notwendig sind“, berichtet der KH-Hauptgeschäftsführer von den in der Kreishandwerkerschaft gemachten Erfahrungen.

Er sieht die Kreishandwerkerschaft hier als Dienstleister für die Handwerksunternehmen, die auf Fachkräfte und Berufsnachwuchs angewiesen sind. Zum anderen ist man auch Botschafter für das deutsche duale Berufsausbildungssystem mit der erfolgreichen Verzahnung von betrieblichem und schulischem Lernen, das weltweit hohe Anerkennung genießt. So wird man in den BildungsCentern der KH eben nicht nur Flüchtlinge sehen, die sich eine berufliche Existenz in Deutschland und im besten Fall später im eigenen Heimatland aufbauen, sondern auch Fachkräfte aus anderen Ländern, die sich über Ausbildung „Made in Germany“ informieren und davon lernen wollen.

„Im letzten Jahr hatten wir für mehrere Wochen in unseren Kfz-Werkstätten Lehrer und Ausbilder aus Pakistan zu Gast, die sich vor allem in der Praxisvermittlung fortgebildet haben“, berichtet Tischner. „Und zum Ende des letzten Jahres sind wir eine zunächst dreijährige Berufsbildungspartnerschaft mit dem Umfolozi College im südafrikanischen Richards Bay eingegangen, die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert wird.“ Hier ist das Knowhow und die Erfahrung der Kreishandwerkerschaft in der beruflichen Bildung wie auch als regionaler Unternehmensverband gefragt, denn zum einen sollen die College-Bildungsangebote, vor allem im Bau- und Ausbaubereich, bedarfs- und praxisorientierter gestaltet, zum anderen aber auch die Zusammenarbeit des Colleges mit den Unternehmen intensiviert werden. Im Blick hat die Kreishandwerkerschaft dabei auch immer die heimischen Unternehmen, die für ihr Engagement im Ausland Bedarf an geschulten Mitarbeitern haben. Weitere Anfragen zu Projekten im Ausland liegen der Kreishandwerkerschaft bereits vor und werden derzeit geprüft.

Für Hauptgeschäftsführer Frank Tischner ist die berufliche Integration der Flüchtlinge ebenso wie der Knowhow-Transfer in andere Länder ein Sondermodell des Handwerks im Zeichen der Globalisierung mit dem Motto „Denke global, handele lokal“. „Unser Engagement kann den Stellenwert, den das Handwerk und die Kreishandwerkerschaft für die Berufsbildung haben, in ein anderes, globaleres Licht rücken und mehr Wertschätzung für die ‚Wirtschaftsmacht. Von nebenan.‘ im eigenen Land bewirken.“

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Duale Ausbildung im Handwerk hat nicht nur für junge Menschen zuhause einen hohen Stellenwert, sondern bietet auch Flüchtlingen in Deutschland und bildungsinteressierten Menschen im Ausland viele Chancen: v.l. KH-Hauptgeschäftsführer Frank Tischner, Geschäftsführer für den Bildungsbereich Günter Schrade
Duale Ausbildung im Handwerk hat nicht nur für junge Menschen zuhause einen hohen Stellenwert, sondern bietet auch Flüchtlingen in Deutschland und bildungsinteressierten Menschen im Ausland viele Chancen: v.l. KH-Hauptgeschäftsführer Frank Tischner, Geschäftsführer für den Bildungsbereich Günter Schrade