Stolz und glücklich berichten Christian Rariro Tavengwa und Masimba Ashel Mudzinganyama von ihrer erfolgreichen Abschlussprüfung, bei der das Gesellenstück von Masimba sogar zum Besten des Ausbildungsjahrgangs gekürt wurde: eine Schmetterlingstorte, für die es die Note „Gut“ gab. Und auch Christian, der seine Ausbildung mit der Gesamtnote „3“ abschloss, wirbt für seine „Hänsel und Gretel“-Torte aus deutscher Buttercreme mit den Worten: „schmeckt 1A“.
„Du schaffst das“, habe er sich in den letzten Jahren jeden Tag aufs Neue gesagt, berichtet Christian. Der Weg des heute 27-Jährigen führte ihn 2017 von Simbabwe nach Deutschland. Von München aus, ging es über Bad Fallingbostel und Bramsche nach Osnabrück. Es folgten diverse Sprachkurse und ein erster Job bei einem Paketlieferanten in der Nachtschicht. Kennengelernt haben sich die beiden jungen Männer aus Simbabwe in ihrer Unterkunft in Osnabrück. Hier entstand die Idee, eine Ausbildung zum Konditor zu absolvieren. Ursprünglich aus der IT-Branche stammend, entdeckte Christian in Deutschland seine Liebe zu Pralinen. Und auch Masimba hatte schnell einen Bezug zum Konditorenhandwerk: „Meine Tante in Simbabwe hat viel gebacken. Ich habe schon früh gehört, dass es in Deutschland die beste Qualität von Brot und viele verschiedene Backwaren, und natürlich Schokolade gibt. Da wusste ich, dass möchte ich auch mal machen“, erzählt der 23-jährige Masimba.
„Unsere eigene Firmengeschichte ist von Krieg und Vertreibung geprägt. Nicht zuletzt durch diesen persönlichen Bezug konnten wir uns so gut in die bewegende Situation von Christian und Masimba hineinversetzen und wollten ihnen gerne helfen“, erklärt Geschäftsführer Christian Rabbel, der auch Vorstandsmitglied der Bäcker- und Konditoren-Innung Steinfurt-Warendorf ist.
Schwierig sei neben der deutschen Sprache an sich, vor allem das Fachvokabular für die Ausbildung gewesen. Den Begriff „Wiener Masse“ könne man erst verstehen, wenn man sie in der Praxis selbst zubereitet hätte, so Masimba. Hier sieht er den großen Vorteil der dualen Ausbildung. Was theoretisch in der Berufsschule besprochen wurde, konnte direkt im Betrieb umgesetzt werden – und umgekehrt.
„Man muss immer das Beste geben und alles vom Herzen machen – Schicht für Schicht“, das habe er in seiner Ausbildung zum Konditor gelernt, berichtet Christian, der inzwischen festangestellt als Konditor bei Rabbel arbeitet. Privat ist er kürzlich zum ersten Mal Vater geworden und macht gerade seinen Führerschein. Masimba hingegen möchte sich in Hannover selbstständig machen und ist mit der abgeschlossenen Konditorausbildung seinem Traum einen großen Schritt nähergekommen.
„Es ist sehr beeindruckend, wie die beiden jungen Männer ihr Leben selbst gestalten. Sie haben Mut bewiesen, sind sehr fleißig und haben es weit gebracht“, ist Rabbel stolz auf seine Schützlinge, die ihm viel zu verdanken haben, denn er war es, der ihnen die entscheidende Chance und einen Rat mit auf den Weg gegeben hat: „Wenn man sich anstrengt, dann kommt auch etwas Gutes dabei heraus.“
Beteiligt am Erfolg der beiden Jungkonditoren waren neben der Confiserie Rabbel als Ausbildungsbetrieb viele weitere Einrichtungen, die ihre Unterstützung in den letzten Jahren untereinander abgestimmt haben. So wurden die beiden Azubis bei Rabbel z. B. nachmittags freigestellt, um am ehrenamtlich durchgeführten Deutschkurs teilnehmen zu können.
Den engagierten Kolleginnen und Kollegen bei Rabbel, die freiwillig nach Feierabend, am Wochenende und sogar in der Vorweihnachtszeit mit den Azubis geübt haben, gebühre besonderer Dank. „Das ist Handwerk pur: Ärmel hochkrempeln und anfassen, wo es nötig ist. Ob hier im Betrieb oder beim Behördengang – genau so haben wir das hier alle gemeinsam erfolgreich umgesetzt. Und wir würden es jederzeit wieder tun“, betont Rabbel, der das Familienunternehmen in vierter Generation führt.
„Es zeigt sich hier wieder einmal, welchen exzellenten Ruf die duale Berufsausbildung in Deutschland weltweit hat. Was die beiden auf sich genommen haben, um diese Chance für sich zu ergreifen, sollte uns allen imponieren. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie mit der Entscheidung für eine handwerkliche Ausbildung der Versuchung des schnellen Geldverdienens am Paketfließband widerstanden haben und ihr Leben jetzt nachhaltig auf einer soliden Ausbildung weiter aufbauen können. Den Konditor nimmt ihnen niemand mehr weg“, weiß KH-Geschäftsführer Frank Tischner, der selbst ausgebildeter Bäcker und Konditor ist.
Bereits seit 2015 engagiert sich die Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf bei der Integration von geflüchteten Menschen im Kreis Steinfurt. „Heute haben wir u. a. unsere ‚Willkommenslotsen‘, die die Betriebe bei Fragen mit Geflüchteten beraten. Als wir 2015 mit dem damaligen Kreisdirektor und heutigen Landrat Martin Sommer gestartet sind, haben wir ebenfalls die ‚Ärmel hochgekrempelt‘ und mit ersten Pilotprojekten gestartet. Wenn man sieht, dass alle Maßnahmen den Menschen helfen und zum Erfolg führen, dann ist es genau das, wofür wir im Handwerk jeden Tag aufstehen“, so ein sichtlich bewegter Tischner.
Zum 1. August fangen gleich acht neue Azubis bei der Confiserie Rabbel an – im Alter von 17 bis 30 Jahren. Alle haben etwas gemein, wie sich schon während eines Praktikums gezeigt habe, berichtet Rabbel und freut sich auf die neuen Menschen in seinem Team, denen es in der Ausbildung nämlich vor allem um eines gehe: die Liebe zum Handwerk.